Das Kloster Gnadenthal bei Niederwil im Kanton Aargau ist ein ehemaliges Kloster. Es befindet sich rund zwei Kilometer nördlich des Dorfzentrums am Ufer der Reuss. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts lebten die Frauen der Gemeinschaft nach den Regeln des Zisterzienserordens. Die Abtei bestand bis zum Aargauer Klosterstreit im Jahr 1841 und nochmals von 1843 bis 1876. Nach einer vorübergehenden Nutzung als Tabak- und Zigarrenfabrik ist im Kloster seit 1894 eine Pflegeanstalt eingerichtet, die durch moderne Gebäude ergänzt wurde und sich heute «Reusspark» nennt.

Die unregelmässige Klosteranlage bildet ein trapezförmiges Gebäudegeviert. Um den Innenhof mit dem Kreuzgang gruppieren sich die Klosterkirche im Osten, das der Reuss zugewandte Dormitorium im Norden (auch Reussflügel genannt) und der Konventflügel (Zentralbau) im Süden. An den Reussflügel schliesst sich der abgewinkelte Westtrakt an, der so einen engen zweiten Hof bildet. Vom Zentralbau nach Süden abgedreht liegt das Beichtigerhaus. Von den mittelalterlichen Bauten ist nach den Bränden von 1432 und 1608 nichts erhalten geblieben. In der Folge wurde das Kloster bis 1616 im frühbarocken Stil wieder aufgebaut. Aufgrund der zahlreichen für den Pflegebetrieb notwendigen Umbauten im 20. Jahrhundert haben nur Kirche, Westtrakt und Innenhof die ursprüngliche Form bewahrt.
Von aussen präsentiert sich die lang gestreckte Klosterkirche (ca. 28 auf 8 m Seitenlänge) eher nüchtern, der Tradition der Zisterzienser entsprechend. Auf dem First erhebt sich ein achteckiger Dachreiter mit markanter Zwiebelhaube. Der Innenraum mit schmalem Langhaus und anschliessendem polygonalem Chor wird durch sieben seitliche Rundbogenfenster gleichmässig erhellt. Den Hauptaltar und die beiden Seitenaltäre schuf 1748 Franz Xaver Wiederkehr entsprechend dem damals vorherrschenden Rokoko-Stil; deren Bildwerke stammen teilweise von der frühbarocken Ausstattung. Sechs Ölgemälde und die handgeschnitzte Kanzel zieren die fensterlose Nordwand. Die Orgel über der Empore, stilistisch im Übergang zwischen Rokoko und Louis-seize, wurde 1795 eingebaut.
Der 1693 erbaute Westtrakt enthielt früher die Räumlichkeiten für Gäste, die Kornschütte und die Bäckerei. Zwei weitgehend identisch gestaltete frühbarocke Portale prägen die Strassenfront. Im stark umgebauten Zentralbau befindet sich das alte Refektorium, das als Museumsraum genutzt wird. Ausgestellt sind Objekte des klösterlichen Alltags und verschiedene Kunstgegenstände. Erhalten geblieben ist auch das Äbtissinnenzimmer mit Wandtäfern. Vor dem Südflügel des Zentralbaus steht das Beichtigerhaus, ein gedrungener spätgotischer Bau aus dem frühen 18. Jahrhundert.